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Gefahrguttransport im Luftverkehr

Lithiumbatterien – Ein IATA-White Paper zum Gefahrguttransport im Luftverkehr

Lithiumbatterien sind ein Gefahrgut. Das wissen wir nicht erst seit der Katastrophe des Transportschiffs „Felicity Age“, das im Frühjahr 2022 nach einem Großbrand vor den Azoren in den Fluten des Nordatlantiks versank, mutmaßlich nachdem eine Lithium-Ionen-Batterie im Ladegut in Brand geraten war. Schiffsunglücke mit Lithium-Batterien füllen nahezu regelmäßig Leitmedien und die Bücher der Versicherungsgesellschaften. Aber natürlich beschäftigt sich auch die Luftfahrt-Logistik mit den Risiken, die von Batterien ausgehen. So hat jetzt die International Air Transport Association (IATA) ein White Paper mit dem schönen Titel „Make Lithium Batteries safe to ship“ veröffentlicht. Das Papier beschäftigt sich mit Zwischenfällen mit Lithiumbatterien und mit Möglichkeiten, wie man die Batterielogistik im Luftverkehr sicherer machen kann. Wir haben uns dieses Dokument für die Leserinnen und Leser des Gefahrgut-Blogs von Leschaco einmal angesehen.

Die Zahl der Zwischenfälle mit Lithiumbatterien in der Luft steigt

Auf der Basis von Daten der Analysten von McKinsey geht die IATA davon aus, dass das Geschäft mit Lithium-Ionen-Batterien zwischen 2022 und 2030 um mehr als 30 Prozent steigen wird. Lithiumbatterien sind ein Massengut und nicht immer sind sich die Transporteure der Batterien der Risiken bewusst, die mit dem Transport dieser Gefahrgüter einhergehen. Mit der wachsenden Energiedichte dieser Batteriegattung steigt zugleich das Unfallrisiko.

Vorfälle mit Lithiumbatterien in der Luftfahrt

Die Verantwortung des Verladers

Die IATA weist darauf hin, dass eine entscheidende Rolle den Verladern zukommt. Sie sind es, die besonders penibel auf die Einhaltung der Regeln achten müssen. Und diese Regeln sehen bereits umfangreiche Vorgaben vor, etwa Gewichtsbeschränkungen und Vorgaben zum Ladezustand. Voll aufgeladen dürfen Lithiumbatterien gar nicht in der Luft transportiert werden. Ihr Ladezustand darf im Versand 30 Prozent nicht überschreiten. Darüber hinaus wird die Brandgefahr als zu groß bewertet.

Auch gibt es klare Kennzeichnungspflichten. Diese unterscheiden sich, je nachdem ob es sich um Lithium-Ionen- oder um Lithium-Metall-Batterien handelt und je nachdem ob diese fest in den elektrischen Geräten enthalten sind oder ob die Batterien nur beigepackt sind.

Quelle IATA
Classification Flowchart Lithium Metal Batteries
Quelle: IATA

Auch müssen die Verlader prüfen, ob die Hersteller und Vertreiber alle vorgeschriebenen Prüfberichte vorgelegt haben. Aus diesen Prüfberichten muss hervorgehen, dass die Batterien den Anforderungen des UN-Handbuchs der Prüfungen und Kriterien, Teil III, Unterabschnitt 38.3, erfüllen. Konkret müssen die Batterien vor dem Versand in einer Höhensimulation einem verminderten Luftdruck und einem Wärme- und Kältetest ausgesetzt worden sein. Ebenso müssen sie Vibrations-, Schock-, Quetsch- und Kurzschlusstests ohne Beschädigung überstanden haben. Mengenbeschränkungen sind in den Lithium Battery Shipping Regulations (LBSR) der IATA nachzulesen. 

Schließlich sollten optimale Einrichtungen zur Eindämmung möglicher Feuer an Bord geschaffen werden. Die vorgeschriebenen Feuerlöschsysteme in den Frachträumen hält die IATA nicht für ausreichend. Allerdings nennt sie auch keine konkreten Forderungen, sondern verweist auf nationale Regierungen, Fluggesellschaften und Spediteure, die diesbezüglich Vorschriften verschärfen und konkretisieren müssen.

Die Natrium-Ionen-Batterie als sichere Alternative zur Lithium-Ionen-Batterie?

Auch in ihrem Schlusskapitel, in dem die IATA einen Ausblick auf eine sicherere Zukunft in der Batterielogistik geben will, bleibt sie wenig konkret. Sie verweist auf die Natrium-Ionen-Batterie als mögliche sichere Alternative zur Lithium-Ionen-Batterie. Bei dieser an sich altbekannten Batterietechnik wird Lithium durch Natrium ersetzt. Natrium-Ionen-Batterien haben den großen Vorteil, dass sie völlig entladen transportiert werden können, während Lithiumbatterien immer mit einer geringen Restladung versehen sind. Dies erhöht natürlich das Brandrisiko. Auch können Natriumbatterien mehr Hitze aushalten. Sie haben eine längere Lebensdauer und sind weniger verschleißanfällig.

Die IATA verweist sehr vorsichtig auf die Natrium-Ionen-Technologie als mögliche sichere Alternative zur potenziell gefährlicheren Lithium-Ionen-Technologie. Im Folgenden haben wir deshalb einige weitere Quellen, insbesondere von Fraunhofer herangezogen, um diese Technologie einzuschätzen.

Natrium-Ionen Batterien im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien

Vorteile

  • Natrium ist um den Faktor 500 häufiger als Rohstoff vorhanden
  • Die Verfügbarkeit von Natrium ist größer und nicht von wenigen Lieferländern, wie z.B. China, abhängig
  • Sie sind wesentlich billiger in der Herstellung
  • Sie sind sicherer in Herstellung, Lagerung und Transport
  • Aluminium ersetzt das teure Kupfer
  • Sie enthalten kein Cobalt, das zum Teil unter schwierigen sozialen und ökologischen Bedingungen in Afrika geschürft wird.
  • Die Betriebstemperatur ist höher, die Gefahr des thermischen Durchgehens geringer
  • Das Laden des Akkus erfolgt schneller
  • Der Akku kann komplett entladen werden und komplett entladen transportiert und gelagert werden

Nachteile

  • Die Technologie gilt in Europa als noch nicht massenherstellungstauglich
  • Die Lieferkette ist noch nicht entwickelt
  • Die Energiedichte ist niedriger
  • Sie sind weniger flexibel in unterschiedliche Formfaktoren zu bringen

In China produziert BYD bereits Autos, die mit Natrium-Ionen-Batterien betrieben werden. (Siehe hierzu die Berichte in Vattenfall und elektroniknet

Die geringere Energiedichte gegenüber den Lithiumbatterien ist sicherlich ein Wettbewerbsnachteil für die Natriumtechnik. Andererseits führt die steigende Nachfrage nach Batteriespeichern und die begrenzte Verfügbarkeit von Lithium und anderen Rohstoffen wie Cobalt zu deutlichen Preissteigerungen bei Lithiumbatterien. Auch die größere nationale Unabhängigkeit bei der Natrium-technologie trägt wohl dazu bei, dass der Anteil der Natriumbatterietechnik in den kommenden Jahren wachsen wird. Für die Sicherheit in der Logistikkette wäre das eine gute Entwicklung.

Die IATA Services für die Versender von Lithiumbatterien

Für einige Zeit wird der Batteriemarkt aber noch von der Lithium-Technologie dominiert werden. Deshalb sind die Hinweise der IATA auf ihre Services für Hersteller und Versender von Lithiumbatterien wichtig:

Illustrationen © 10367292 – stock.adobe.com, IATA und Michael Kausch

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Eine Antwort

  1. Auf der jüngsten Sitzung des Gefahrgutgremiums der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) wurde beschlossen, dass künftig auch Lithium-Ionen-Batterien, die zusammen mit Geräten verpackt sind, einen Ladezustand von 30 Prozent nicht überschreiten dürfen. Bislang galt diese Höchstgrenze für den Ladezustand nur für Batterien, die allein auf dem Luftweg transportiert werden. Für Batterien, die nicht „mit“, sondern „in“ Geräten verpackt sind, z.B. in Laptop-Computern, in Spielwaren oder in medizinischen Geräten, gilt die 30-Prozent-Obergrenze nur als Empfehlung, nicht als zwingende Vorgabe. Auch für batteriebtriebene Fahrzeuge wird nur eine Empfehlung ausgesprochen.

    Für die neue Regelung gilt eine Übergangsfrist von einem Jahr und eine Bagatellgrenze von 2,7 Wh. Für schwächere Batterien gilt die neue Regelung also nicht. Auch gibt es Ausnahmeregelungen, die aber beantragt werden müssen. Grundsätzlich muss der Beschluss der ICAO noch auf einer weiteren Sitzung bestätigt werden ehe er 2025/26 offiziell veröffentlicht und in der Folge von der IATA als Rechtsveröffentlichung für verbindlich erklärt wird. Auch ist bislang nicht vorgesehen diese Regelungen auf den Transport im Strassenverkehr oder in die Schifffahrtslogistik zu übernehmen.

    Für alle, die mit dem Versand von Batterien zu tun haben, ist es demzufolge sehr wichtig, sich in den nächsten Monaten über alle Ankündigungen auf dem Laufenden zu halten.

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