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Lithium Ionen Batterie

Lithium-Ionen-Batterien sind Gefahrgüter und erfordern im Seetransport besondere Vorkehrungen zur Sicherheit

Lithium-Ionen-Batterien sind brandgefährlich. Das zeigen die diversen Unfallberichte aus den vergangenen Jahren mit dramatischer Deutlichkeit. International für Aufsehen sorgte vor allem die Katastrophe des Transportschiffs „Felicity Age“, das im Frühjahr 2022 nach einem Großbrand vor den Azoren in den Fluten des Nordatlantiks versank. An Bord waren 4.000 Automobile. Einige Sachverständige halten Probleme mit Lithium-Ionen-Batterien im Ladegut für die Brandursache.

Lithium-Ionen-Batterien, die Feuer fangen, können Temperaturen von mehr als 2.700 Grad Celsius erreichen. Inzwischen führten einige schwere Brandunfälle bei der Verschiffung dazu, dass erste Fährunternehmen den Transport von Elektrofahrzeugen ablehnen. Große Logistik-Unternehmen sind zunehmend verunsichert. Reichen die vorhandenen Gefahrgutregelungen wirklich aus?

Bislang gibt es für den Seetransport von Lithium-Ionen-Batterien noch keine ähnlich strengen Vorschriften wie für deren Transport auf dem Luftweg. Dort schreiben die Regeln der „International Air Transport Association“ (IATA) zum Beispiel einen maximalen Ladezustand von 30 Prozent der Nennkapazität vor. In der Luft dürfen beschädigte Lithium-Ionen-Akkus nicht transportiert werden. Und wie ist das auf See? Zuerst widmen wir uns aber den technischen Gefahrenquellen.

Formen der Beschädigung von Lithium-Ionen-Batterien

Wie können Lithium-Ionen-Batterien überhaupt beschädigt werden? Welche Formen von Schäden können zu Problemen führen? Wir können drei grundlegende Schadensfälle unterscheiden:

a) Äußere Beschädigungen

Bei einer Beschädigung des Gehäuses kann Luft in die Batterie eindringen. Der Sauerstoff reagiert dann mit dem Elektrolyt oder mit anderen Bestandteilen der Batterie. Es kommt zur Hitzeentwicklung oder zu einem Kurzschluss. Das größte Problem ist, dass die Beschädigungen am Innenleben einer Batterie von außen oft nicht oder nur schwer zu erkennen sind. War ein Fahrzeug in einen Unfall verwickelt, wurde zwar der Unfallschaden möglicherweise repariert. Die Batterie wird aber oftmals nicht auf Schäden geprüft.

b) Elektrische Beschädigungen

Vor allem der Transport von Altgeräten birgt ein hohes Risiko. Es ist möglich, dass die Geräte durch die Verwendung ungeeigneter Ladegeräte vor dem Transport überladen wurden. Das andere, gegenteilige Problem ist, dass die Geräte während des Transports nicht ausreichend geladen sind. Denn ein Lithium-Ionen-Akku sollte nie vollständig entladen werden. Die Spannung sollte nie unter zwei Volt fallen.

Eine Überladung kann ebenso wie eine übermäßige Entladung der Batterie zu einer Zersetzung des Elektrolyts an der Kathodenoberfläche führen. Dadurch erhöht sich die Temperatur in der Batterie. Beim Überladen werden zu viele Lithium-Ionen freigesetzt und die Kathode wird instabil. Die überschüssigen Ionen bilden an der Anode Dendrite und es kommt im schlimmsten Fall zu einem Kurzschluss. Bei einer Überentladung kann ein Kurzschluss durch Kupferionen entstehen, die sich auf der Kathodenoberfläche ablagern. Dies geschieht, wenn die Kupferstromabnehmer oxidieren, weil kontinuierlich Lithium-Ionen aus der Anode freigesetzt werden.

c) Thermische Beschädigungen

Lithium-Ionen-Batterien erwärmen sich während des Betriebs und brauchen eine gewisse Kühlung. Werden sie wärmer als etwa 60 Grad Celsius, ist ihre thermische Stabilität gefährdet. Die jeweilige konkrete Maximaltemperatur ist abhängig von der vorliegenden chemischen Struktur. Das heißt, die thermische Grenze kann im Einzelfall ein wenig unter oder ein wenig über 60 Grad liegen. Doch auf südlichen Schiffsrouten kann die Umgebungstemperatur in einem Container auch 80 Grad Celsius oder mehr erreichen kann. Werden die Behälter nicht ausreichend gekühlt, können sich die Batterien von selbst entzünden. Die Gefahr für Schiff und Mannschaft ist hoch.

Gefährliche Fehlerkombination

Im schlimmsten Fall kommt alles zusammen: äußere Beschädigung und elektrische sowie thermische Instabilität. Dann kann sich innerhalb kürzester Zeit eine Katastrophe entwickeln. Wenn eine Lithium-Ionen-Batterie „durchgeht“, entstehen giftige und hochexplosive Gase. Selbst wenn es nicht sofort zu einer Explosion kommt, wird eine giftige Dampfwolke freigesetzt. Das Fatale dabei ist, dass sie mit harmlosem Rauch verwechselt wird. Doch dieser Dampf ist kein Wasserdampf, sondern ein toxischer Cocktail. Zu den entstehenden Stoffen gehören zum Beispiel

  • Wasserstoff (explosiv),
  • Ethan, Methan, andere Kohlenwasserstoffe (explosiv),
  • organische Lösungsmittel (explosiv),
  • Kohlenmonoxid (giftig),
  • Fluorwasserstoff (giftig),
  • Chlorwasserstoff (giftig) und
  • Cyanwasserstoff (giftig).

 

Ein Gemisch dieser Substanzen ist fast nicht zu bekämpfen. Besonders schlimm ist die Rauchentwicklung natürlich wenn die Explosion auf einem Schiff unter Deck geschieht. Dort ist ein permanenter Rauchabzug nur selten gewährleistet. Der – giftige – Rauch erschwert dann die Brandbekämpfung erheblich.

Wenn es brennt, dann richtig

Wenn eine Lithiumbatterie mal brennt, dann brennt sie lange Zeit. Das Feuer kann von Stunden über Tage bis hin zu Wochen dauern. Besonders tückisch: die Mischung kann sich jederzeit erneut entzünden. Klassische Löschmittel wie Schaum oder CO2 sind wirkungslos. Die einzige Möglichkeit, den Brand zu bekämpfen, ist das Eintauchen der brennenden Batterie in große Mengen Wasser und das Ersticken der Flammen. Dazu braucht es aber einen wirklich sehr großen Wassereimer:

Für die Löschung eines Kraftfahrzeugs mit E-Antrieb benötigt man zum Beispiel ca. 136.000 Liter Wasser und vier lange Stunden. Ein Auto mit Verbrennungsmotor, das Feuer gefangen hat, löscht man in der Regel innerhalb einer halben Stunde mit 10.000 bis 17.000 Liter Wasser oder eben mit erheblich weniger Löschschaum. Beim E-Auto im Löschwasser besteht jedoch die Gefahr eines Stromschlags durch die fortgesetzte Funktion der Batterie in Verbindung mit der Stromleitfähigkeit von Wasser. Manche Hersteller von E-Fahrzeugen raten deshalb davon ab, ein brennendes Fahrzeug zu löschen und empfehlen, es ausbrennen zu lassen. Auf einem Transportschiff müsste man also einen brennenden Lithium-Ionen-Akku ins Meer kippen – so schnell wie möglich und ehe das Feuer auf anderes Ladegut übergreifen kann. Das ist freilich auf einem Containerschiff ein hoffnungsloses Unterfangen.

Die zum Löschen benötigten extrem großen Mengen Wasser gibt es zwar auf dem Meer, aber eben nicht im Schiff und nicht im Container. Deshalb ist es wichtig, dass es auf dem Schiff erst gar nicht zu einem Batterie-Brand kommt.

Batteriemanagement
Sichere Batterielogistik beginnt beim intelligenten Batteriemanagement.

Die beste Brandbekämpfung ist die Brandvorsorge

Moderne Batterien verfügen über eingebaute Sicherheitssysteme wie zum Beispiel über ein integriertes Batteriemanagementsystem. Das überwacht selbständig den Zustand der Batterie und erfasst wichtige Kenndaten. Die werden an externe Messeinrichtungen übertragen. Oder es gibt automatische Temperaturregler und chemische Zusätze, die zum Beispiel die Bildung von Dendriten verhindern.

Auf das Vorhandensein solcher Technologien können sich Logistiker aber leider nicht verlassen. Also bleibt nur eine gründliche Brandvorsorge. Sie beginnt natürlich bei der Einhaltung der heute bereits gültigen Vorschriften für den Gefahrguttransport.

Die einschlägigen Vorschriften sind im IMDG-Code für den Seetransport, der IATA-Code für den Lufttransport und dem ADR-Code für den Straßentransport definiert. Die Vorschriften umfassen Anforderungen an die Herstellung und die Prüfung von Lithium-Ionen-Batterien, deren Klassifizierung und Deklaration von Transport, Verpackung und die Lagerung. Hier unterscheiden sich die Vorschriften im Detail je nach Transportweg, Warenmenge und danach, ob es sich um Neu- oder Gebrauchtware handelt. Für die Details sei an dieser Stelle auf die gesetzlichen nationalen Vorgaben verwiesen (für die USA und für Deutschland finden sich Link-Hinweise am Ende dieses Beitrags).

Ein Nachschärfen der Vorschriften für den Seetransport wird diskutiert

Viele Verbände und Politiker diskutieren derzeit ein Nachschärfen der Vorschriften für den Transport von Lithium-Ionen-Batterien auf dem Seeweg. In er Tat ist nur schwer einzusehen, warum es für den Lufttransport häufig schärfere Vorgaben gibt als für den Seeverkehr. Schließlich sind die spezifischen Gefahren in der Seelogistik durchaus vergleichbar. Die Löschbedingungen an Bord eines Schiffes sind bei Lithium-Batterie-Bränden ähnlich schwierig wie an Bord von Flugzeugen:

  • Die frühzeitige Identifikation eines Brandes ist nur sehr schwer möglich.
  • Der Brandort ist schwer zugänglich.
  • Das Löschmittel-Wasser ist in ausreichender Menge am Brandort nicht einsetzbar.
  • Es besteht eine massive Stromschlaggefahr.
  • Die Ausdehnung eines Brandes geschieht extrem schnell und kann nur schwer verhindert werden.
  • Ein Wiederaufflackern des Brandes kann unter den beengten räumlichen Bedingungen an Bord nur schwer verhindert werden.

 

Deshalb wird zum Beispiel diskutiert, dass die IATA-Vorgabe, wonach der Ladezustand von Batterien maximal 30 Prozent der Nennkapazität betragen darf, auf die See-Logistik übertragen wird. Sollten solche Vorgaben eingeführt werden, müsste zugleich auch die Überprüfung geregelt werden.

Diskutiert wird eine Vorlagepflicht von Prüfzertifikaten für Lithium-Ionen-Batterien im Rahmen der Transportunterlagen. Logistikunternehmen sollten damit Nachweise über die Sicherheit und Produktmerkmale der Batterien erhalten, die sie transportieren sollen.

Derzeit gibt es zwar eine ganze Reihe von Vorgaben wie zum Beispiel, dass Batterien so verpackt sein müssen, dass Kurzschlüsse vermieden werden. Aber es fehlt die Regelung dafür, wie das in der Praxis bewerkstelligt werden soll. Das könnte beispielsweise eine genaue Anleitung dafür sein, wie und womit die Pole zu isolieren sind. Derartige Vorschriften könnten das Sicherheits-Niveau deutlich erhöhen.

Für den Transport von defekten Batterien auf dem Seeweg gibt es bislang nur unzureichende Vorgaben in Bezug auf Verpackung und Sicherheit. Hier können und müssen die Vorschriften nachgeschärft werden.

Elektrofahrzeuge, die in Ro-Ro-Schiffen oder Autofähren transportiert werden, müssen bislang nicht als Gefahrgut klassifiziert werden. Das hat zur Folge, dass Betreiber von Fähren auf ihren Schiffen für den Transport von Fahrzeugen mit Brandrisiko keine Sonderflächen mit entsprechenden Vorsichtmaßnahmen einrichten können. Sinnvoll wäre es aber zum Beispiel, dass eine Verladung solcher Fahrzeuge nur an Stelen mit bevorzugter Überwachung und Erreichbarkeit durch Löschteams stattfinden darf.

Die weitere Elektrifizierung unseres Alltags wird dazu führen, dass immer mehr und immer stärkere Batterien transportiert werden müssen. Im Prinzip sind Lithium-Ionen-Batterien bei korrekter Anwendung und sorgfältigem Transport sichere Produkte. Die Unfälle in den vergangenen Monaten haben aber gezeigt, dass eine gewissenhafte Einhaltung von Sicherheitsmaßnahmen in der gesamten Logistikkette unbedingt erforderlich ist. Unfälle mit Lithium-Ionen-Batterien können katastrophale Auswirkungen für Mensch und Natur haben. Hier müssen wir alle – Hersteller, Logistikunternehmen und Politik – an der Verbesserung der Rahmenbedingungen arbeiten. Schiffsunglücke wie die der Felicity Age sind vermeidbar. Und sie müssen in Zukunft vermieden werden.

Autoverladung
Für die Verladung von Fahrzeugen mit E-Antrieben braucht es neue Sicherheitsvorschriften.

Wichtige Links:

Das Beratungsunternehmen „Brookes Bell“ hat gemeinsam mit den Versicherungsunternehmen „UK P&I Club“ und „TT-Club“ ein White Paper mit Hinweisen zum sicheren Transport von Lithium-Ionen-Batterien (Download) veröffentlicht.

Das U.S. Department of Transportation hat den Lithium Battery Guide for Shippers veröffentlicht.

Der ZVEI hat ein Merkblatt für den Versand von Lithium-Ionen-Batterien und die Umsetzung der Gefahrgut-Vorschriften in deutscher und englischer Sprache herausgegeben.

Illustrationen © lightbox – stock.adobe.com, Prieshof PixEL – stock.adobe.com und kannapat – stock.adobe.com

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