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Falschdeklarationen in der Gefahrgutlogistik Titel

Ein verhängnisvoller Trend: Falschdeklarationen in der Gefahrgutlogistik

Die Beförderung gefährlicher Güter erfordert große Sorgfalt im Qualitätsmanagement und ein Höchstmaß an Verantwortungsbewusstsein von allen, die an Aufgaben in diesem Bereich beteiligt sind. Dies beginnt bei der ordnungsgemäßen Gefahrgut-Klassifizierung und setzt sich fort bei der sicheren Verpackung, Kennzeichnung, Dokumentation, der sicheren Verladung und dem zuverlässigen Transport mit ausgewählten Subunternehmern.

Die Risiken, die durch kleinste Fehler und Unachtsamkeiten an jeder Stelle der komplexen Logistikkette entstehen können, sind beträchtlich und können enorme Schäden für Mensch und Umwelt verursachen – zu Lande, zu Wasser und in der Luft.

Die Zahl der Unfälle in der Containerschifffahrt nimmt zu

Die Zahl der Totalverluste ist in der Containerschifffart in den vergangenen Jahren ebenso zurückgegangen wie die Zahl der großen Flugzeugkatastrophen, aber leider häufen sich in den letzten Jahren die Brände auf den Schiffen und in den Containerlagern. Oft sind daran Gefahrgüter beteiligt. Für die Besatzungen bzw. Belegschaften und für die Umwelt hat das häufig katastrophale Folgen. Zwei aktuelle Beispiele:
  • Anfang Juni starben mehr als 50 Menschen bei einem Großfeuer auf einem Container-Depot in Sitakunda in der Nähe von Chittagong. Hunderte Menschen wurden teils schwer verletzt. Feuerwehreinsatzkräfte hatten versucht, wasserstoffperoxidbefüllte Behälter mit Wasser statt mit Schaum zu löschen. Dabei lösten sie eine Explosion aus, die mehrere Behälter 200 Meter durch die Luft schleuderte. Nach bisherigen Erkenntnissen waren die Verpackungen nicht UN-geprüft und zudem falsch beschriftet. (Quelle)
  • Im März fing ein Container bei der Verladung im Hafen der San Pedro Bay in LA/Long Beach Feuer. Auf den Frachtbriefen war als Ladegut „Kunstharze“ angegeben. Tatsächlich beinhaltete der Container aber gebrauchte Lithium-Ionen-Batterien, bei denen es sich um gefährliche Materialien mit hoher Brandgefahr handelt.

Wären die Container auf einem Schiff in Brand geraten, hätte es wohl unweigerlich zu einer noch größeren Katastrophe geführt. Die Größe und Bauweise moderner Containerschiffe machen die Brandbekämpfung extrem schwierig.
Entwicklung Containerschiffe
Containerschiffe sind in den letzten Jahren immer größer geworden.

Häufig beginnen die Brände zunächst unbemerkt in einzelnen Containern und breiten sich dann schnell weiträumig aus. Die Feuerbekämpfungsmöglichkeiten sind auf Grund der beengten Räume ohnehin schwierig. Kommen dann noch eine falsche Deklaration der Container und damit verbunden ein falscher Stauplatz an Bord sowie ein falscher Ansatz bei der Brandbekämpfung dazu, ist die Katastrophe nicht mehr zu vermeiden.

Falschdeklarationen sind ein Trend

Leider haben die Anzahl an Falschdeklarationen und die daraus resultierenden Unfälle in den letzten Monaten weltweit dramatisch zugenommen. Hierfür gibt es mehrere Gründe. Die weltweite Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben zu erheblichen Unterbrechungen der Logistikketten geführt. In Folge ist die Arbeitsbelastung für Fluggesellschaften, Reeder sowie Logistikdienstleister aufgrund der Planungsunsicherheit und des zusätzlichen Mangels an Fachkräften erheblich gestiegen.

Aber natürlich versuchen immer wieder auch Unternehmen, einfach Zeit und Kosten zu sparen, indem Gefahrgut falsch oder gar nicht deklariert wird. Peregrine Storrs-Fox, Risk Management Director beim TT Club schätzt, dass etwa zehn Prozent aller weltweit verschifften Container heute als Gefahrgut deklarierte Fracht enthalten. Er vermutet aber, dass darüber hinaus in weiteren fünf Prozent aller Container nicht deklariertes Gefahrgut transportiert wird.

Hohe Strafen bei Falschdeklaration

Die Problematik der Falschdeklaration betrifft zwar in erster Linie die Seefracht, aber auch Luftfracht und intermodale Verkehre sind davon betroffen. Die Transportunternehmen, insbesondere die großen Reedereien, haben nun darauf reagiert. Sie führen verstärkt umfassende Kontrollen der Gefahrgutdeklarationen durch. Sind die Dokumente fehlerhaft, können einseitige Vertragsstrafen von bis zu 30.000 Euro verhängt werden („mis-declaration fee“). Diese Strafen fallen oft bereits bei kleinen Abweichungen an und sind aufgrund der Marktmacht der Reedereien nicht verhandelbar.

Einer der Vorreiter bei der Einführung von Kontrollen und Strafen war das in Singapur ansässige Unternehmen Ocean Network Express (ONE), die siebtgrößte Reederei der Welt. Sie verhängt nun Bußgelder gegen Kunden, die das Gewicht ihrer Container falsch angeben. Falsche Gewichtsangaben können die Schiffsstabilität beeinträchtigen und führten in der Vergangenheit nach Untersuchungen der Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) mehrfach zu Unfällen auf großen Containerschiffen. „Die Einführung dieser Strafe für Falschangaben wird die Betriebssicherheit für alle am Frachtumschlag beteiligten Personen, sowohl an Land als auch an Bord der Schiffe, erhöhen“, erklärte ONE laut Branchendienst Splash.

Als Gefahrgutbeauftragter der Leschaco Gruppe habe ich großes Verständnis für diese Kontrollen, denn im Falle eines Unfalls sind die Schäden für Mensch und Umwelt katastrophal.

Gerade in Zeiten, in denen Logistikketten vor großen Herausforderungen stehen, wollen wir bei Leschaco weiterhin alles tun, um unseren hohen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden – nicht nur, um Strafen für falsch ausgefüllte Deklarationen zu vermeiden, sondern auch, um dafür zu sorgen, dass Gefahrgüter sicher für Mensch und Umwelt transportiert werden. Qualität und Sicherheit haben für uns oberste Priorität.

Brennende Container
Falschdeklarationen führen häufig zu Containerbränden.

Worauf ist also zu achten?

  • Achtsamkeit und Kontrolle: Es geht um Fehlervermeidung. Auch bei hoher Arbeitsbelastung dürfen keine gefahrgutrelevanten Informationen in Kundenaufträgen übersehen werden. Hier sorgen wir mit unseren Gefahrgutspezialisten für zusätzliche Sicherheit. Jede Speditionsakte wird kontrolliert und freigegeben.
  • Technikkompetenz: Bei der Bewältigung dieser Aufgaben werden wir von modernsten Technologien unterstützt. Die Deklarierung von Gefahrgütern wird immer komplexer. Kein Wunder, wenn wir uns vergegenwärtigen, dass wir es heute mit einer täglich steigenden unüberschaubaren Zahl von verschiedenen Stoffen in der Gefahrgut-Logistik zu tun haben. Deshalb befinden sich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit diesen Themen befasst sind, laufend in der Fort- und Weiterbildung.
  • Identifikation mit dem Kunden: Große und weltweit tätige Dienstleister wie Leschaco erbringen ihre Service-Leistungen arbeitsteilig in Teams aus Experten mit unterschiedlichen Spezialkenntnissen. Da arbeiten Kolleginnen und Kollegen aus Kundendienst, Verkauf, Beschaffung, Disposition, Dokumentation, Finanzen und anderen Abteilungen Hand in Hand an einem Kunden und an einem Auftrag. Deshalb ist es nach wie vor wichtig, dass sich jeder voll und ganz mit dem Kunden identifiziert. Kundenorientierung ist an jeder Stelle des Prozesses gefordert. Jede und jeder ist für den Erfolg im Sinne des Kunden gesamtverantwortlich. Dies vermitteln wir in der Firmenkultur eines eigentümergeführten Unternehmens.
  • Selbstkontrolle und Gesamtverantwortung: Jeder ist für die Qualität in seinem Bereich verantwortlich. Dennoch muss jeder über seinen eigenen Tätigkeitsbereich hinausblicken. Stellt man Fehler im Prozess fest, muss dieser Fehler sofort beseitigt werden. Ein Verschieben von Verantwortung gibt es nicht. Getrennte Zuständigkeit – gemeinsame Verantwortung!

Qualitätsmanagement ist nur möglich, wenn Technologiekompetenz und eine adäquate Unternehmenskultur zusammenkommen. Davon bin ich als Gefahrgutbeauftragter fest überzeugt.

Illustrationen ©  Chris Mirek Freeman – stock.adobe.com und Surasak – stock.adobe.com

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